Lustige Musikanten

Tja - liebe Freunde von der Deutschen Bahn Personenverkehr. Da hattet ihr in den letzten Tagen aber einiges zu tun. War bestimmt stressig, oder? Hektische Betriebsamkeit in jedem Büro in eurem Turm am Potsdamer Platz, viele Meetings und Abstimmungsrunden, zahlreiche Entscheidungen mussten getroffen werden, damit pünktlich zu meiner Abfahrt alles organisiert ist. Denn ich hatte euch ja schließlich durch meine Ticketbuchung bereits vor 2 Wochen Bescheid gegeben, dass ich wieder mit der Bahn unterwegs sein würde. Allerdings hatte ich euch dieses Mal auch eine echte Herausforderung an die Hand gegeben. Ich fahre nämlich heute von Hamm nach Frankfurt und bin somit nicht auf meiner üblichen Route über Hannover unterwegs, sondern nutze die Rheinschiene über Köln. Also müsst ihr einen ganz schönen logistischen Aufwand betreiben, um eure geplanten Aktivitäten 200 km weiter nach Westen zu transportieren. Ich bin ja schon so gespannt, was ihr wieder für mich organisiert habt.

 

Tja, und so erwische ich nach meinem Vortermin in der allerletzten Sekunde noch meinen Zug von Hamm nach Köln. Eine einzige rote Ampel mehr und ich hätte den Zug verpasst - aber manchmal muss man ja auch Glück haben.

 

Also sitze ich erwartungsvoll in meinem Regionalexpress und warte darauf, was ihr euch heute wieder habt einfallen lassen. Und was haben wir nicht schon alles zusammen erlebt! Sportprogramm auf der Fahrt von Mainz nach Hause, Oldtimer-Zugfahren mit klitzekleinem Zwischenstopp in Fulda oder das Schließen von interkulturellen Freundschaften nach einem Frühjahrsorkan.

 

Und was passiert heute? Nix! Absolut nix. Von Haltestelle zu Haltestelle warte ich auf den großen Auftritt - aber nichts passiert. Außerdem ist der Zug pünktlich! Sollte heute wirklich alles glatt gehen? Ein Skandal!

 

Aber kurz hinter Hagen dann doch noch das Erwartete! Aus dem hinteren Zugteil kommt auf einmal ein fröhlicher Saxophon-Spieler in unseren Großraumwagen, baut sich direkt neben mir auf und unterhält mit lustige Volksweisen in einer ohrenbetäubenden Lautstärke unsere kleine Reisegruppe. Ich habe zwar meinen Kopfhörer auf, der eigentlich störende Außengeräusche reduzieren soll, aber so wirklich funktioniert das in dieser Situation natürlich nicht.

 

Aber so plötzlich, wie dieses spontane Platzkonzert über mich gekommen ist, so schnell ist es auch wieder vorbei. Mitten in seinem furiosen und äußert schrägen Finale bricht der Musiker ab und hält mir einen Pappbecher mit etwas Kleingeld direkt unter die Nase. Der glaubt doch tatsächlich nicht, dass ich für dieses Ohrenspektakel auch noch berappe?? Als ich auf meinen Kopfhörer zeige, zuckt er nur teilnahmslos mit seinen Achsel und schleicht sich in den vorderen Zugteil davon.

 

Ich widme mich wieder meinen Unterlagen und bin froh, dass ich meine eigene Musik genießen darf - ganz ohne störende Außengeräusche.

 

Nach einigen weiteren Haltestellen erwartet mich hinter Wuppertal-Oberbarmen die nächste Überraschung. Wiederum aus dem hinteren Zugteil kommen zwei weitere lustige Musikanten. Und wieder komme ich in den unmittelbaren Genuss eines musikalischen Leckerbissens. Die beiden Freunde schmettern mit Akkordeon und Trompete direkt neben mir ein ziemlich schräges Potpourri in unseren Wagon. Auch hier schützt mich mein Kopfhörer nur bedingt, zumal mitten in der Vorführung aus einem mitgebrachten Koffer der Beiden noch ein Schlagzeugsound ertönt - natürlich wieder in einer irren Lautstärke! Nur passt dieser Sound rhythmisch leider überhaupt nicht zur restlichen Darbietung!

 

Doch plötzlich wird es hektisch. Ein ziemlich aufgebrachter Schaffner stürzt aus dem vorderen Zugteil auf meine beiden Freunde zu. Es fallen so böse Worte wie "Bahnhofspolizei", "Nicht schon wieder" und "Belästigung". Ah ha - die Drei kennen sich also! Leider ist damit die Vorführung ziemlich plötzlich beendet. Der Schaffner bedeutet den Beiden mit einer zackigen Handbewegung, dass Sie ihm folgen sollen. Aber kaum hat sich der Schaffner abgewendet, strecken ihm die beiden ihre Zungen raus, grinsen mich an und halten mir doch tatsächlich wieder einen Pappbecher mit Kleingeld hin. Auch jetzt zeige ich auf meinen Kopfhörer und schüttele den Kopf! Die Beiden haben aber die Ruhe weg. Obwohl der Schaffner immer noch tobt und die beiden anherrscht, ihm zu folgen, kassieren sie zunächst unseren Wagon ab und folgen ihm anschließend zum Verhör!

 

Ich bin echt erstaunt! Hat die Deutsche Bahn diese zwei Musiker und ihren Freund von vorhin vielleicht direkt aus der Berliner-S-Bahn verpflichtet? Was könnte kurz vor Köln eigentlich noch aus dem hinteren Zugteil kommen? Eine komplette Top-40-Bank, die Berliner Symphoniker oder sogar die Fischer-Chöre? Ich bin gespannt!

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