Irrfahrt

So ein Sturmtief ist doch etwas Schönes. Die Wartezeit am Hauptbahnhof Frankfurt wird immer länger, man trifft immer mehr gutgelaunte Mitreisende und die zusätzlichen Ordner geben zutreffende und korrekte Hinweise! Der Kegelclub zerdeppert gerade seine Biervorräte direkt neben mir, während die Lautsprecherdurchsagen die Fahrgäste von Bahnsteig 1 auf Bahnsteig 19 schicken, nur um 2 Minuten später das Ganze wieder umzudrehen. Klasse! 

Update:
Nach 1 Stunde warten teilt die Bahn mit, dass mein Zug nach Hannover leider heute hier in Frankfurt endet! Mal sehen, wie das noch weitergeht!

Update 2:
Nach ca. 2 Std. Reise bin ich wieder da, wo ich vor ca. 1,5 Std. schon einmal war: Am Frankfurter Flughafen!

Update 3:
Köln - die Sonne lacht. Dafür ist der Anschlusszug natürlich weg, weil der ICE außerplanmäßig in Limburg und Montabaur gehalten hatte. Ein ICE fährt heute von hier nicht mehr. Also ein IC bis Bielefeld. Allerdings ist dieser so schrottig, dass ich gleich beim ersten Anfassen das Tablett an meinem Platz in der Hand habe! Ob es dieser Zug überhaupt bis Bielefeld schafft??

Update 4:
Offener Szenenapplaus für die Schaffnerin, als sie die Fahrkarten kontrollieren möchte. Ob sie ahnt, dass niemand in diesem Abteil eine Fahrkarte für diesen Zug hat??

Update 5:
In Essen stößt eine Großfamilie, bestehend aus 5 Kindern, Mutter und Kinderwagen zu uns ins Abteil dazu. Wir sind mittlerweile 8 Personen in einem Abteil, was eigentlich nur für 6 Personen gedacht ist. Aber nicht schlimm. Die Tür muss sowieso aufbleiben, da der Kinderwagen nur noch halb ins Abteil passt. Aber dafür sind die Kinder in diesem Chaos überhaupt nicht aufgedreht. Sitzen ruhig (übereinander) auf ihren Plätzen, reden kaum und laufen auch gar nicht rum. Das Schlimmste für die beiden ca. 10 Jahre alten Mädels - kein WLAN! Dafür ist das Baby nun aufgewacht und unterhält unsere muntere Reisegruppe!

Update 6:
Böse neuzugestiegene Fahrgäste wollen unsere Großfamilie in Dortmund aus dem Abteil vertreiben - angeblich weil sie die Plätze reserviert haben. Nach einem kurzen Wortgefecht, bei dem ich mich schützend vor meine neuen Freunde geworfen habe, wird den bösen Dortmundern klar, dass in diesem Zug keine Reservierungen gelten! Und zack, schon zischen sie wutentbrannt ab!

Update 7:
Jetzt geht es aber Schlag auf Schlag. Nachdem wir erfolgreich die bösen Dortmunder vertrieben haben, kommt ein böser Schaffner und möchte den Kinderwagen entfernen. Angeblich blockiert dieser den Fluchtweg! Aber wir sind ja erfinderisch und nehmen den Wagen einfach ganz in das Abteil! Also noch einmal zum mitrechnen: 8 Personen + Kinderwagen - das ist bestimmt Rekord!

Update 8:
Kurz hinter Hamm wabert ein etwas strenger Duft durch unser Abteil. Ich bin der einzige, der seine Schuhe noch anhat. Und das bleibt auch so. Oder stammt der Geruch von der Schüssel Kartoffelsalat, die bei dem Tumult in Dortmund unter die Sitzbank gekippt ist?

Update 9:
Während eines etwas längerem außerplanmäßigen Halt (hohes Zugaufkommen, dichter Verkehr) kommt mir die Idee, die Großfamilie einfach zu adoptieren. Wir sitzen jetzt schon so lange gemütlich beisammen , dass mir die Aussicht auf die bevorstehende Trennung in Bielefeld sehr nahe geht. Aber vielleicht wollen sie ja auch nach Lübbecke - dann brauchen wir uns ja nicht trennen - ich nehme die einfach im Auto mit. Somit können wir unsere gemeinsamen Aktivitäten noch verlängern!

Update 10:
Kurz vor Bielefeld dann noch eine kritische Situation mit meinen neuen Freunden. Die Kinder streiten sich lautstark um das iPad. Uff, zu einem solchen Tag würde es noch passen, wenn mein Auto gleich nicht mehr im Parkhaus wäre. Falls doch, stehen die Chancen gut, dass ich gegen 19:30 Uhr zuhause bin - rd. 7,5 Std. nach Beginn dieser Odyssee!

Update 11:
Und natürlich geht NICHT alles glatt. Mein Auto ist zwar noch da, aber direkt beim Anlassen zeigt mir eine freundliche rote Anzeige, dass mein Kühlwasserstand zu niedrig ist. Sehr nett von Volkswagen, dass man mir auch gleich das entsprechende Kapitel im Bordhandbuch anzeigt, in dem ich nachschlagen soll! Habe ich Bock, jetzt im Handbuch zu kramen und mir das Kapital durchzulesen???? NEIN, ICH WILL ENDLICH NACH HAUSE!!!
Also: Locker losfahren, Hinweis einfach ignorieren und immer ein waches Auge auf die Anzeige der Kühlwassertemperatur!
Dann fahre ich aus dem Parkhaus - und - es gibt ein heftiges Schneegewitter, man kann kaum die Straße erkennen. Alles weiß und bei Temperaturen unter null nicht wirklich witzig. Aber dafür geht es im Schritttempo voran, seufz! Kurz hinter der Stadtgrenze geht es dann aber besser und ich komme ganz normal voran!

 

Update 12:
19:25 Uhr : Ich bin zu Hause und die Odyssee ist zu Ende! Jipeee!

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